Freitag, 11. August 2017

Rezension: Ein plötzlicher Todesfall



Nachdem ich vor ein paar Monaten den Krimi ,,Der Seidenspinner" von Robert Galbraith (alias J.K. Rowling) gelesen hatte, habe ich mich jetzt an ,,Ein plötzlicher Todesfall" gesetzt. Diesen 570 Seiten umfassenden Roman hat Rowling 2012 unter ihrem eigenen Namen veröffentlicht und obwohl der deutsche Titel danach klingt, ist es kein Krimi.

Es geht um die englische Gemeinde Pagford und ihre Einwohner. Pagford hat schon seit Jahrzehnten einen Streit mit der Nachbarstadt um die Siedlung Fields. Keine der beiden Gemeinden will die Sozialbausiedlung innerhalb ihrer Stadtgrenzen haben, aber aktuell liegt sie in Pagfords Verantwortung. Die Einwohner von Pagford lassen sich politisch gesehen einem der zwei verfeindeten Lager zuordnen: entweder den Befürwortern oder den Gegnern von Fields.

Als dann plötzlich ihr größter Befürworter und Gemeinderat, der allseits beliebte Barry Fairbrother, stirbt, tut sich in Pagford und im Leben der Einwohner eine Lücke auf, die niemand so recht füllen kann.
Die Familie Mollison, Gegner von Fields, stürzt sich sofort auf den leer gewordenen Ratssitz (Originaltitel: ,,The Casual Vacancy"), doch es gibt auch politische Herausforderer.
Alle Familien haben privat Probleme, die Einfluss auf das ganze Leben in dem kleinen Ort nehmen, denn in Pagford wir viel getratscht und gelästert, sobald jemand aus der Rolle fällt. So wird in der Familie Price häusliche Gewalt verheimlicht, bei den Walls eine schwere psychische Erkrankung und die Jawandas bekommen nichts von dem Mobbing mit, unter dem ihre Tochter leidet. Die Kinder der Familien haben die Heuchlerei ihrer Eltern satt und wehren sich dagegen, indem sie anonym als ,,Geist von Barry Fairbrother" im Internet die größten Geheimnisse ihrer Familien aufdecken.
Am meisten Probleme von allen hat die Familie Weedon, die in Fields in einer heruntergekommenen Sozialwohnung lebt: Mutter drogenabhängig, 16-jährige Tochter versucht, sich alleine um ihren vierjährigen Bruder zu kümmern und prügelt sich mit jedem, der ihr in die Quere kommt.

Der Roman hält nur für einige der zahlreichen Figuren ein Happy End bereit, viele Geschichten enden tragisch. Anders als die Harry Potter - Reihe (meine Lieblingsbücher) , ist ,,Ein plötzlicher Todesfall" definitiv nichts für Kinder. Die Sprache verschleiert nichts, (sexuelle) Gewalt kommt zur Genüge vor und die sozialen Probleme der Charaktere sind nichts für ganz schwache Nerven.

Größter Pluspunkt dieses Erwachsenenromans ist Rowlings gewohnt fesselnder Schreibstil, der mich das Buch innerhalb weniger Tage hat durchlesen lassen, obwohl die Art von Geschichte eigentlich gar nicht so mein Ding ist (wo sind die Drachen, die Zwerge oder die Raumschiffe? :) ).
Auch die sehr zahlreichen Charaktere sind gut herausgearbeitet, vielschichtig und nicht einfach gut oder böse. Jede Person hat sowohl gute als auch schlechte Charaktereigenschaften und selbst die fiesesten unter ihnen haben Beweggründe für das, was sie tun. Durch die häufigen Perspektivwechsel, die mich auf den ersten Seiten noch verwirrt haben, erhält man Einblick in die Beweggründe aller Charaktere und sie machen das Buch auch abwechslungsreich und spannender.

Was die Geschichte an sich angeht, ist das Genre wie gesagt nicht wirklich mein Expertengebiet. Ich muss allerdings sagen, dass mir die Geschichte von ,,Der Seidenspinner" etwas besser gefallen hat, obwohl auch Krimis nicht gerade mein Spezialgebiet sind.

Wer also Rowlings Schreibstil mag und von ihr mal etwas anderes als Harry Potter lesen möchte, dem würde ich abhängig vom Interessengebiet eher ,,Ein plötzlicher Todesfall" oder aber ihre Krimis vorschlagen.

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